Fachkräftemangel hat auch Gründe. Warum entscheiden sich immer weniger junge Menschen für eine Ausbildung?

Immer weniger junge Menschen machen nach der Schule eine Ausbildung. Welche Verantwortung hat die Politik und welche Folgen hat das für junge Menschen? 

Für junge Menschen stellt sich eine der wichtigsten Fragen nach der Schule. Nämlich:

Was soll ich jetzt machen?

Einen weiteren Schulabschluss über den zweiten Bildungsweg?

Einen Beruf? Wenn ja, welchen?

Studieren? Was ist mein Vorteil?

Oder doch erst ein freiwilliges soziales Jahr?

Möglichkeiten gibt es ja genug! Aber Fakt ist, dass sich doppelt so viele junge Menschen für ein Studium entscheiden, als für einen Beruf.

Das hat das Statistische Bundesamt (Destatis) feststellt. Es gab 2021 in Deutschland weit mehr als doppelt so viele Studentinnen und Studenten (2,9 Millionen) wie Auszubildende (1,3 Millionen). Auf 10 Studierende kamen somit 4,3 Auszubildende.

Die Folge daraus ist, dass es immer weniger ausgebildete Facharbeiter gibt. Jetzt keine Panik, ist doch nicht dramatisch!

Das blöde ist aber, dass 2022 dadurch über die Hälfte der Unternehmen ihre offenen Stellen nicht besetzen konnten. Mehr als die Hälfte der Unternehmen konnten offene Stellen demnach 2022 längerfristig nicht mehr besetzen. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer geht davon aus, dass in Deutschland etwa zwei Millionen Arbeitsplätze dadurch unbesetzt bleiben.

Und wo ist das Problem?

Stell dir vor dein Fahrrad ist kaputt, dann gehst du zum Fahrradhändler und lässt es richten, damit du wieder fahren kannst. Aber leider ist nur noch ein Fahrradmonteur da, weil diesen Beruf zu wenige lernen. Dann musst du eben ein paar Wochen warten, bis dein Fahrrad wieder fahrtüchtig ist. Blöd.

Und was passiert wenn ein Krankenhaus zu wenig Fachpersonal hat, kannst du dir vorstellen. Die Folgen wären ein echtes Problem.

Frage. Warum ist eine Ausbildung so unattraktiv für junge Menschen?

Grundsätzlich hat ein Studium einfach einen besseren Ruf, weil man irgendwann mal mehr verdienen kann. Und in der Gesellschaft bekommt man einen höheren Stellenwert. Man fühlt sich dadurch einfach mehr Wertgeschätzt. Und genau da wurde in der Vergangenheit viel Falsch gemacht. Denn das Motto: Studierst du was, bist du was! Dieses Motto rächt sich jetzt.

Aber wie kann man das für die Zukunft ändern?

Das kann nur die Politik. Es sollte mehr Werbung für das Handwerkt oder für soziale Berufe gemacht werden. Das Ansehen von Ausbildung muss das dem Studium gleichgestellt  werden. Und vor allem muss eine berufliche Ausbildung viel besser bezahlt werden. Denn die entschiedenste Frage sollte doch sein, wie wichtig ist der Job für die Gesellschaft.

Während der Pandemie hat man festgestellt, dass es systemrelevante Berufe gibt. Systemrelevante Berufe umfassen die Tätigkeiten, die notwendig sind, um unsere Gesellschaft grundlegend am Laufen zu halten. Dazu zählen Tätigkeiten in medizinischen und Pflege Berufe, Betreuung  in der Altenpflege und staatliche Verwaltung. Ohne Kinderbetreuung wird es auch schwierig und woher kommt wohl das Wasser aus dem Wasserhahn und wenn der Supermarkt, der Bäcker oder Metzger geschlossen ist, wird es auch sehr schwierig werden.

Besonders diese Berufe müssen atraktiver für junge Menschen werden. Das heißt der Stellenwert muss wesentlich höher werden. Und das kann eben nur die Politik.

Und wo könnte die Politik noch weitere Weichen stellen?

Für Ausbildungsberufe werben, kann man am besten an Schulen. Zum Beispiel mit sozialen und berufsbezogenen Praktika. Was Sinn macht und zwar für alle Schulformen. Wie soll sich denn ein junger Menschen entscheiden, ob er lieber eine Ausbildung oder ein Studium machen soll, wenn er gar nicht weiß, welche Möglichkeiten es überhaupt gibt und was es für ihn persönlich bedeutet?

Wir bräuchten also mehr berufliche Praktika an Schulen und zwar an Hauptschulen genauso wie an Gymnasien. Und wie man das dann am besten Umsetzt, muss die Politik planen und entscheiden. Und zwar nicht irgendwer, sondern die Bildungsministerien der Bundeländer. Jetzt haben wir aber in Deutschland durch den Bildungsföderalismus ganze 16 verschiedene Bildungsminister. Nun darüber habe ich auch in meinem Buch „How to Politik“ geschrieben. Nämlich über die Vor- und Nachteile des Bildungsföderalismus.

Aber keine Panik. Unsere Demokratie gibt uns auch immer die Möglichkeit selbst aktiv zu werden. Auch für junge Menschen und sogar für Schüler. Wenn ihr also an eurer Schule mehr Infos zu Berufen wollt oder mehr Praktika, dann Gründet an eurer Schule eine AG. Redet mit dem Lehrer eures Vertrauens und fragt nach, ob er oder sie euch bei der Gründung einer AG unterstützt. Wie man eine AG in einer Schule gründet, habe ich zum Beispiel auch in meinem Buch „How to Politik“ beschrieben.

Zum anderen ist auch wichtig, dass Politiker/innen auch aus der Mitte der Gesellschaft kommen. Ich finde es wichtig, dass in einem Landtag nicht nur Politiker vertreten sind die Jura oder Politikwissenschaften studiert haben, sondern auch Politiker/innen die wissen was es heißt, eine Ausbildung gemacht zu haben. Die also auch eben selbst Fachkräfte sind und somit als Vorbild für jungen Menschen fungieren können.

Alles das sind Faktoren, die eine Ausbildung attraktiver machen könnten. Denn das wichtigste ist doch, dass man stolz sein kann, auf das was man macht aber vor allem dass man dadurch ein sorgenfreies Leben führen kann für sich und seiner Familie.

Nach meinem Fachabitur habe ich für mich entschieden eine Ausbildung zu machen. Warum? Nach der Ausbildung habe ich immer noch die Möglichkeit zu studieren, oder ich kann in meinem Beruf arbeiten und mich weiterentwickeln. Mein Vorteil liegt auf der Hand. Ich habe dann zwei Möglichkeiten mich für meine Zukunft zu entscheiden.

Aber eines muss jedem klar sein, wenn die Schulzeit abgeschlossen ist. Jeder fängt für sich wieder bei 0 an. Es gibt keine Garantie, dass ein Studium allein die Glückseligkeit bringt. Denn das Berufsleben dauert etwa zwischen 30 – 40 Jahre. Und das ist verdammt lang.

Ich kann nur für mich sprechen, aber ich will diese lange Zeit in meinem Beruf glücklich sein.

Kommentar von Livia Kerp

Livia Josephine

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