Die Olympischen Winterspiele 2022 in China. Kritik. Boykott. Geld. Menschenrechte. Und die Sportler? Macht Olympia so überhaupt noch Sinn? Eine Zusammenfassung aus dem Blickwinkel meiner Generation.

Es ist schon komisch. Eigentlich sollte sich die Welt auf Olympia ja freuen. Die besten Sportler der Welt treffen sich und suchen the best of the best. Aber es ist schon seit vielen Jahren zu beobachten, dass Olympische Spiele nur noch kritisch gesehen werden.

Die XXIV. Olympischen Winterspiele werden in diesem Jahr vom 4. bis zum 20. Februar in der chinesischen Hauptstadt Peking ausgetragen. Dies hat das Internationale Olympisches Komitee 2015 durch eine interne Wahl so entschieden.

Wer ist überhaupt das Internationale Olympisches Komitee (kurz IOK)?

Es ist eigentlich nur ein Verein mit Sitz in der Schweiz mit dem Vorsitzenden Thomas Bach. Zweck des Komitees, das aus bis zu 115 regulären Mitgliedern besteht, ist die Organisation und Betreuung der Olympischen Sommer- und Winterspiele. Sie beanspruchen alle Rechte an den olympischen Symbolen, wie Fahne, Mottos und Hymne, sowie an den Spielen selbst.

So kassiert das IOK auf das Jahr gerechnet damit etwa 1,4 Milliarden US –Dollar umgerechnet etwa 1,2 Milliarden Euro. Davon gehen aber nur vier Prozent an die Athleten durch Förderprogramme der nationalen Verbände. Somit ist das IOK ist ein ziemlich milliardenschwerer Verein. Was passiert wohl mit dem ganzen Geld? Keine Ahnung.

Das politische Kultur Magazin „Cicero“ hat darüber mal folgendes geschrieben (aus dem Artikel): Der olympische Gedanke ist längst passé. Er ist in einer Milliardenindustrie verschwunden, die ihre ganz eigenen Regeln hat. In diesem Kosmos der Sportfunktionäre herrscht vor allem eins: ein ausgeklügeltes System von Korruption. Denn Filz und Bestechung sind Kernbestandteile des olympischen Sportsystems, so elementar wie das Dopingproblem, das die Funktionäre gar nicht bekämpfen wollen.

Und sogar auf Wikipedia gibt es eine eigene Seite zum Thema „Korruption im Sport“. Da steht folgendes: Während der Vergabe der Olympischen Spiele kam es immer wieder zu Korruptionsvorwürfen, bei denen Mitglieder des Internationalen Olympischen Komitees durch monetäre oder andere Gefälligkeiten bei der Abstimmung über den Austragungsort beeinflusst wurden. So hat beispielsweise die Führung des Bewerbungskomitees für die Spiele 2000 in Sydney bestätigt, dass sie fragwürdige Lobbyarbeit begangen hat, mit deren Hilfe versucht wurde, Stimmen von afrikanischen Mitgliedern des IOK zu bekommen. Laut Berichten sollen zwei Mitgliedern aus Kenia und Uganda 65.000 $ (umgerechnet etwa 58.000 Euro) am Vorabend der Wahl geboten worden sein.

Das ist schon hart zu lesen. Für mich stellt sich da eigentlich nur eine Frage. Ist Olympia in dieser Form überhaupt noch zeitgemäß? Es scheint doch längst aus der Zeit gefallen zu sein. Es wirkt als wäre Olympia in einer Parallelwelt gefangen, bei der es nur noch um Milliarden geht, ohne sich vor irgendjemanden rechtfertigen zu müssen. Klingt ja fast wie bei einem Mafiafilm oder bei der FIFA. Aber der Weltfußballverband ist ein anderes Thema.

Wie schön haben 1896 die Olympischen Spiele der Neuzeit doch begonnen. Im griechischen Athen, am Geburtsort von Olympia, als „Treffen der Jugend der Welt“. Zum sportlichen Vergleich und zur Völkerverständigung. Was ist nur daraus geworden?

Das mit der Völkerverständigung ist irgendwie verloren gegangen. Denn aktuell hagelt es nur so an Kritik, was China als Austragungsort betrifft. Verständigung sieht anders aus.

Aber warum protestieren so viele Länder und Regierungen gegen China?

Da drohen die Länder USA, Japan, Australien, Großbritannien, Neuseeland und Kanada mit einem „diplomatischen Boykott“. In dem zwar die Sportlerinnen und Sportler dieser Länder an den Spielen teilnehmen aber dafür die Politikerinnen und Politiker nicht nach China reisen. So wollen ihren Protest gegen die chinesische Regierung ausdrücken. Auch unsere Regierungspolitiker werden wohl nicht bei den Olympischen Spielen zu sehen sein.

Das Problem liegt an der Regierungsform von China. Sie ist nicht vergleichbar mit unserer westlichen Demokratie. China ist eine sozialistische Volksrepublik mit einem Einparteiensystem. Es gibt also in China nur die „Kommunistische Partei Chinas“ (KPCh) mit dem Vorsitzenden Xi Jinping.

China hat aber auch eine ganz andere Vergangenheit, Tradition und somit eine ganz andere Kultur. Sie ist überhaupt nicht vergleichbar mit unserer Vergangenheit in Europa oder dem amerikanischen Kontinent.

Was wird China eigentlich alles vorgeworfen?

China nimmt es anscheinend mit Menschenrechten nicht so genau. So wird ihnen vorgeworfen die Meinungs-, Presse-, Versammlungs- und Kommunikationsfreiheit einzuschränken. Und obwohl die Verfassung von 1982 die Redefreiheit garantiert, werden Regimekritiker sehr oft, mit dem Argument der Staatsgefährdung verhaftet.

Die Vereinten Nationen erklärten, dass es zunehmende Berichte über „weit verbreitete und systematische Menschenrechtsverletzungen“ durch die Volksrepublik China gegen die mehrheitlich muslimischen Uiguren und Angehörige anderer ethnischer und religiöser Minderheiten gibt. Sie verweisen auf Missstände wie Folter, die Trennung von Eltern und Kindern, Zwangssterilisationen, sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt und „schwere Einschränkungen der Religions- und Glaubensfreiheit sowie der Bewegungs-, Vereinigungs- und Meinungsfreiheit“. Seit 2017 hat die Volksrepublik China mehr als eine Million Angehörige ethnischer Minderheiten in Xinjiang inhaftiert.

So droht die tibetische Kultur, nach Experten im Deutschen Bundestag, durch die Ausschaltung von Kritik und die „Gleichschaltung der Zivilgesellschaft in China“ zu verschwinden. Besonders „dramatisch“ sei die Verschlechterung der Situation in Hongkong: Sämtliche Hongkonger Menschenrechtsaktivisten haben sich schon aus Furcht vor Strafverfolgung durch das neue sogenannte Staatssicherheitsgesetz in das freiheitliche Taiwan oder andere Staaten abgesetzt.  Das international kritisierte „Sicherheitsgesetz“ erlaubt den Behörden ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong, die Peking als umstürzlerisch, separatistisch, terroristisch oder verschwörerisch ansieht. Verstöße, die nach Ansicht der Behörden die nationale Sicherheit bedrohen, können mit lebenslanger Haft geahndet werden. Quelle: dw.com

Die Abhängigkeit der Wirtschaft

Gleichzeitig haben wir eine wirtschaftliche Abhängigkeit von China. VW verkauft beispielsweise fast jedes zweite Auto nach China. Deutsche Firmen exportieren jedes Jahre viele Milliarden nach China.  Auf der anderen Seite hat China eine weltweite Vormachtstellung was metallischen Rohstoff betrifft. Denn für die Herstellung von High-Tech-Produkten wie Handys, Flachbildschirme, Glasfaserkabel, Windkraftanlagen oder Batterien für Elektroautos braucht man diese seltenen metallischen Rohstoffe. Und daher hat China fast ein Monopol, da in China diese Rohstoffe nicht so selten sind, wie im Rest der Welt.

Somit wird der Protest gegen China auf politischer Ebene nicht wirklich brutal ausfallen. Die Wirtschaft in Europa und USA ist auf China angewiesen und somit auch die Politik. Was wäre, wenn China keine Produkte mehr aus Deutschland kauft? Es würden nicht nur sehr viele Milliarden Euro verloren gehen, sondern auch viele Arbeitsplätze. Was wäre, wenn China die seltenen Rohstoffe nicht mehr liefert? Auch das wäre eine Katastrophe. Tja, da haben wir jetzt eine Zwickmühle. Und diese Zwickmühle haben sich die Länder ja selbst und ganz freiwillig zuzuschreiben.

Ich verstehe nur nicht, warum wir uns in Europa, von einem Land wie China so abhängig gemacht haben? Diese Frage müssen sich die Regierungen der letzten Jahre und Jahrzehnte einfach gefallen lassen. Somit haben die Regierungen der westlichen Länder jetzt natürlich ein Problem. Sie können es sich nicht leisten China zu verärgern.

Das ist die Zwickmühle: Wirtschaft vs. Menschenrechte

Das hört sich für mich ziemlich zynisch an. Das ist aber auch eine Frage an uns alle. Geld oder Menschenrecht, was ist uns wichtiger.

Somit haben die Sportler wieder den „schwarzen Peter“ gezogen. Es gab ja immer wieder Diskussionen und Forderungen ob vielleicht nicht doch diese aus moralischer Pflicht die Olympischen Spiele boykottieren sollten.

Das halte ich für absolut falsch. Denn moralisch verwerflich ist für mich nur diese Diskussion. Die Olympischen Spiele sind nur alle vier Jahre. Und jeder Sportler arbeitet vier Jahre lang, um sich für Olympia zu qualifizieren. Das ist der Höhepunkt für jeden Sportler. Und kein einziger Sportler kann etwas dafür, wenn die Spiele ausgerechnet in China stattfinden. Jetzt von einem Sportler zu verlangen darauf zu verzichten, geht gar nicht.

Sportfest oder „Moneyfest“

Klar, das IOK kann nichts für das politische System in China. Aber sie hat die Verantwortung es in China austragen zu lassen. Vor allem wenn man an die „Korruptionsanfälligkeit“ in der Vergangenheit des IOK denkt. Es bleibt doch immer im Hinterkopf, welche Motivation war es wirklich, sich ausgerechnet für China zu entscheiden.

Die Frage ist daher eine ganz andere. Kann es nicht vielleicht sein, dass das Olympische Komitee viel zu viel Macht besitzt? Mir kommt es jedenfalls so vor. Ein Verein der Milliarden Umsatz macht und Macht hat, die Weltpolitik regelrecht vorzuführen.

Wie soll Olympia in der Zukunft aussehen?

Ganz ehrlich. Wäre alles nicht viel gechillter, wenn die Olympischen Sommerspiele immer da stattfinden würden, wo sie auch geboren sind? Einfach alle vier Jahre in Griechenland am Olymp. Und die Winterspiele auf neutralen Boden. Wie in der Schweiz, da wo auch der Wintersport zu Hause ist. Und die ganzen Milliarden an Kosten für die Vorbereitung der Olympischen Spiele könnten die Länder dann gerne für die Menschen ausgeben, die es tatsächlich brauchen, wie für Kindergärten, Schulen, für die Renten oder dem Klimaschutz und nicht einem einzigen Verein in den Rachen zu werfen.

Ich finde das wäre eine schönere Welt. Die Frage sollte man sich wirklich mal stellen. Ganz ehrlich, brauchen wir diese Art von Olympia noch? Und diese Art von Olympischen Komitee? Ist in der Zeit in der wir leben, noch Platz dafür?

Die Olympischen Spiele sind doch eigentlich für die Jugend und dem Sport. Vielleicht sollten wir dahin zurückkehren. Einfach alles wieder ein bisschen kleiner machen, ganz im Sinne des Entstehungsgedankens. Denn die Zeiten von schneller, höher, weiter sind vorbei, spätestens jetzt an der wir am Wendepunkt einer dramatischen Klimaveränderung stehen. 

Ein Kommentar von Livia Kerp

Livia Josephine

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